Ein paar Tage Urlaub in Südengland gaben mir die Gelegenheit, mich auch auf die Fährte des blauen Crayford Kombi /8 zu begeben. Mehr oder weniger in dem Moment, an dem ich durch Ringwood spazierte, erinnerte ich mich seiner: Die letzte Tax-Disc des Crayfords hatte ein Vorbesitzer 2000 im Post Office in Ringwood gekauft. Ringwood ist eine kleine alte Marktstadt im Westen des New Forest, mit den niedrigen Häuschen an der Hauptstraße und Tea Rooms und Pubs wie es sich gehört. Das Ringwood Post Office ist kein niedriges Häuschen und besonders hübsch ist es auch nicht, aber hier hat es sich abgespielt.
Einmal in der Gegend entschied ich mich, die Suche nach dem letzten Besitzer im Zulassungsdokument aufzunehmen, der nur wenige Kilometer weiter mitten im New Forest gewohnt hatte. Am Ende einer wunderhübschen Dorfstraße fand ich ein kleines Cottage und darin die Eltern von Simon England, überaus hilfsbereite nette Leute aber ihr Sohn wohnte nicht mehr dort. Sie erinnerten sich sehr wohl an den blauen Mercedes, der von 1997 bis 2000 ihrem Sohn gehört hatte. Er arbeite jetzt in Deutschland, erzählten sie mir, aber er wäre für das Wochenende nach England gekommen und besonders weit weg wohnen würde er auch nicht. Also gaben sie mir seine Adresse, ans Telefon ging er leider nicht. Ich fuhr trotzdem mal auf Verdacht hin.
Und so überfiel ich den letzten Besitzer des fahrbereiten blauen Crayford Kombi /8 am Samstagnachmittag in seinem Häuschen in Pennington. Den Überfall steckten er und seine Frau gut weg, ich traf ein freundliches Pärchen in den 40ern an. Die Überraschung war natürlich groß, und die Geschichten flossen rasch aus ihnen heraus.
Also so war das damals: Simon England hat den blauen Crayford Kombi /8 ganz profan über eine Kleinanzeige aus Salisbury gekauft, 1997 war das und 500 Pfund hat er investiert. Dabei spielte der Status als Oldtimer oder seltenes Fahrzeug überhaupt keine Rolle, obwohl damals schon 25 Jahre sollte der Crayford als Familientransporter dienen und als solcher wurde er eingesetzt. Den Zustand damals beschrieb Simon als so gut und die Technik als so zuverlässig, dass er seit diesem Zeitpunkt nur noch deutsche Autos fahren wollte - ein neuer Audi A4 Kombi in der Einfahrt unterstrich diese Entscheidung. Über den Zeitraum von drei Jahren (von 1997 bis 2000), in dem Simon den Crayford besaß, waren nur wenige Arbeiten notwendig, so zum Beispiel der Austausch einer Antriebswelle und des Lüftermotors, und die Erinnerung an die hervorragende Konstruktion des /8ers (und die schlechte Zugänglichkeit des Lüftermotors) waren in seinen Erzählungen noch sehr präsent. Schlussendlich wurde der Crayford /8 immer weniger benutzt, denn sein Besitzer arbeitete monatelang ausserhalb Englands, und der /8 bekam einen Stellplatz in einer Garage, wenngleich einer feuchten. Dennoch blieb er Simons einziges Fahrzeug. Nicht glücklich über die Folgen des Herumstehens hat Simon den /8 dann 2000 verkauft, wiederum ganz profan über eine Kleinanzeige. Kurz vorher war der /8 an der MOT gescheitert, nicht ernstes schien es gewesen zu sein, aber die Käufer holten ihn auf einem Transportanhänger ab und die Frau des neuen Besitzers soll sich augenblicklich in das Auto verliebt haben. Wie die Zulassungsdokumente erzählen haben sie ihn allerdings nie angemeldet, die Liebe muss ein Ende gefunden haben.
Dann gab es natürlich Geschichten aus dem drei Jahre währenden Leben mit dem Crayford /8, wie dem losen Handschuhfachdeckel, den ein mitfahrendes Kind vom Beifahrersitz aus mit seinen Füßen zuhielt. Grundsätzlich war der Crayford /8 aber in allerbester Erinnerung, "always ran great", "super-reliable diesel engine" und noch vieles mehr. Mein Bericht über seinen heutigen Zustand wurde dann auch kopfschüttelnd entgegengenommen. Wenngleich der /8 sicher auch 1997/2000 schon viele Blechreparaturen gesehen hatte, schien er damals aber noch ganz vorzeigbar gewesen zu sein. Die Besitzer nach Simon hatten ihn von 2000 bis 2002, haben ihn aber nie angemeldet und 2002 an Geoff verkauft. Den Todesstoß scheint der blaue Crayford /8 dann bei Geoff bekommen zu haben, während seiner fünfjährigen Standzeit ohne festem Dach über dem Kopf.
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